Rezension Leckerbissen von Kitty Thomas

Cover
Das Cover hat mich direkt angesprochen. Die abgebildete Frau wirkt auf mich hilflos und verzweifelt, wie sie hier zusammengekrümmt in einer dunklen Ecke sitzt. Das Bild passt einfach perfekt zum Inhalt des Buches. Die Schriftzüge werden mit einem zarten Pinkton wunderbar in Szene gesetzt, und schaffen somit einen zusätzlichen Eyecatcher.

Protas

Emily Vargas ist intelligent, kontaktfreudig und lebenslustig. Sie besitzt einen Abschluss in Psychologie und hat durch ihre Arbeiten als Autorin einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt. Gerade befindet sie sich auf einer Vortragsreise, als sie eines Tages gefesselt und mit verbundenen Augen aufwacht. Gefangen in einer kargen Zelle, bekommt sie schon bald ihren Entführer zu Gesicht, der sie mit kaltem Blick anstarrt und kein Wort spricht. Emily versucht die Situation zu analysieren, will verstehen, warum ausgerechnet sie in diese Lage geraten ist. Doch ihr attraktiver Peiniger hat genaue Pläne, für die er Emily Stück für Stück brechen muss.

Schreibe & Inhalt
Ich liebe Bücher aus dem Dark Romance-Bereich und „Leckerbissen“ hat mich durch seinen geheimnisvollen Klappentext absolut neugierig gemacht. Es bleibt viel Raum für Interpretation und man weiß nicht wirklich, was diese Geschichte für einen bereithält. Emily Vargas befindet sich plötzlich in Gefangenschaft und Isolation. Für sie als Mensch, der soziale Interaktionen braucht, wie die Luft zum Atmen, ein Horrorszenario. Anfangs zeigt sie sich kämpferisch und sucht nach Fluchtwegen. Doch umso länger sie gefangen gehalten wird, umso offensichtlicher wird es, wie ihr eigener Wille gebrochen wird. Schleichend findet eine Erziehung zur perfekten Sklavin statt. Auf Gehorsam folgt Belohnung. Auf Widerstand folgt Strafe. Emily wird zu einem dressierten Schoßhündchen, das nach Aufmerksamkeit und Streicheleinheiten lechzt. Eine perverse Form der Gehirnwäsche. Der Schreibstil der Autorin ist sehr ausdrucksstark und flüssig. Völlig ruhig und unaufgeregt erzählt sie die Geschichte von Emily, lässt uns an ihren Gefühlen und Gedanken teilhaben. Es ist unglaublich fesselnd zu lesen, wie ihre Psyche manipuliert wird.  Dafür braucht ihr Entführer nicht einmal körperliche Gewalt oder Zwang, denn irgendwann spielt Emily sein Spiel freiwillig mit. Er macht sie von sich abhängig, bis es von beiden Seiten an Besessenheit grenzt. Man hat als Leser gewissermaßen die Rolle des abartigen Voyeurs, der dieses Martyrium tatenlos mitverfolgt. Eine komplett neue Sichtweise, die mich völlig in den Bann gezogen hat.

Spannungsbogen
Die Spannung steigert sich stetig. Man wechselt von Ahnungslosigkeit zu Erkenntnis, um im völligen Schockzustand dieses Buch zu beenden. Das letzte Drittel an mich besonders überrascht, denn mit diesem Verlauf habe ich absolut nicht gerechnet.

Erotikfaktor
Das Hauptaugenmerk liegt gar nicht so sehr auf der Erotik, sondern auf der Kontrolle eines anderen Menschen. Klar, der Entführer will auch körperlich befriedigt werden, und setzt seine perfiden Mittel dafür ein. Und anstatt sich angeekelt abzuwenden und sich mit Händen und Füßen zu wehren, geht Emily auf seine Wünsche ein. Plötzlich verschwimmen die Grenzen zwischen Schmerz und Lust. Es ist manchmal schon unfassbar, wie Emily auf seine Zuwendungen reagiert. Da bleibt es auch nicht aus, dass der Leser auf bizarre Art und Weise ebenfalls ein erotisches Prickeln verspürt.

Minisnippet
Ich fiel zu tief, verlor stückchenweise meinen Willen und meinen Verstand. Ich wusste, wenn ich nicht bald fliehen konnte, würde ich nicht mehr dazu in der Lage sein. In der anderen Zelle hatte es keine Hoffnung gegeben, weil dort keine Waffen waren. Jetzt war ich davon umgeben. Natürlich nicht von Waffen im traditionellen Sinne wie Pistolen oder Messern, aber von provisorischen Waffen, die auch den Zweck erfüllen würden.
Plötzlich konnte alles, auf das mein Blick fiel, einem finsteren Zweck dienen. Duschvorhang? Ihn erdrosseln. Stift? Ihm in die Kehle rammen. Lampe? In bewusstlos schlagen. Ich katalogisierte mindestens 15 verschiedene Möglichkeiten, ihn außer Gefecht zu setzen, und noch mehr, um die Sache zu Ende zu bringen.
Ich konnte ihn nicht am Leben lassen. Er wusste zu viel über mich. Er konnte meinen Verwandten oder Freunden etwas antun, sie dazu benutzen, mich wieder in seine Gewalt zu bringen. Nein, er hatte sein Todesurteil unterschrieben, indem er mich entführt hatte, und umso mehr, als er mir die Mittel in die Hand gab, um ihn auszuschalten.

Fazit:
Kitty Thomas hat mit „Leckerbissen“ einen außergewöhnlichen und faszinierenden Roman abgeliefert. Sie beschreibt die Kontrolle und Manipulation der Psyche sehr fesselnd und authentisch. Natürlich ist dieses Buch eine Fantasie, aber dennoch werden die Szenen so intensiv dargestellt, dass man wirklich glauben könnte, es haltet sich um eine wahre Begebenheit. Emily und ihr Entführer bilden ein groteskes Paar, dem man sich aber unmöglich entziehen kann. Die Geschichte verbindet Spannung und Erotik auf eine großartige Weise, die mit viel Tiefgang überzeugen kann. Ich bin begeistert und freue mich auf weitere Schätze aus der Dark Romance-Sparte. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung und 5 Sterne!


„Leckerbissen“ von Kitty Thomas 


Festa Verlag 


 

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