Cover
Das ist richtig toll gestaltet und macht Lust auf mehr. Man möchte erfahren, was es mit der Augenbinde auf sich hat, die in dem Buch eine Rolle spielen wird. Daher ist das Cover absolut passend zur Geschichte und auch nett anzusehen.
Prota
Eine an sich wundervolle Idee, zu der sich die Autorin hinreißen lässt. So verliert der Prota Alex, Beruf Callboy, aufgrund eines Auftrages für eine begrenzte Zeit sein Augenlicht. Nun heißt es, sich auf die eigenen Instinkte zu verlassen, auf seine sehenden Mitmenschen vertrauen. Auch als der Auftrag zu Ende ist, lässt es ihm keine Ruhe, da er eine neue Erfahrung gesammelt hat.
Nicht sehen zu können, sich auf andere Eigenschaften seines Gegenüber einlassen. Das macht hier den Reiz der Geschichte aus.
Die Prota, Kelly, knabbert an einem extrem angeknacksten Selbstwertgefühl und in meinen Augen auch an einer falschen Selbstwahrnehmung. Durch ihren Auftrag, den „erblindeten“ Callboy Alex kann sie sich gut und geliebt fühlen, auch wenn es nur für die Dauer der gekauften, gemeinsamen Zeit ist.
Doch kann das auf Dauer gut gehen?
Schreibe & Inhalt
Vom Schreibstil her ist es einfach gehalten, kein hoher Schreib/Leseanspruch. Man ist sofort in der Geschichte, ohne lange Einleitung. Auch hat man sich schnell durch die Geschichte gelesen.
Kelly, die sich einen Callboy engagiert, erlebt mit ihm einige schöne Stunden. Dass es mehr als nur einmal geschieht, sich zur einer großen Geschichte entwickelt, ist abzusehen. Auch Alex, der zwar dem Job des Callboys nachgeht, privat aber auch keine Gelegenheit auslässt, sich hübschen Frauen hinzugeben, erlebt in diesem Buch eine Wendung. Er lernt, durch Kelly und ihrer „Vorliebe“ sich auf eine andere Art und Weise kennen. Lernt, auf andere Instinkte zu vertrauen. Das was vorher sichtbar war, wo Entscheidungen genau aus den optischen Gründen getroffen worden, fällt nun flach. Dies lässt den Leser durchaus darüber nachdenken, ob es nicht öfters mal sein sollte, sich für einen kurzen Moment der Dunkelheit hinzugeben und auf diese Weise, seinen Partner neu kennen zu lernen. Oder aber auch, Menschen einen Chance zu geben, weil Gespräche stattfinden, die vorher nicht möglich gewesen wären.
Spannungsbogen
Der Spannungsbogen war eher niedrig gehalten. Eine nette Unterhaltung, die einem zum Weiterlesen angehalten hatte, um herauszufinden, wie es weiter geht, aber mich nicht so gefesselt hat, wie ich gerne gehabt hätte.
Taschentuchfaktor
Brauchte man hier nicht. Tränen sind keine geflossen, auch nicht gedanklich.
Erotikfaktor
Ein paar Szenen waren gut beschrieben, aber eher hat mir hier die knisternde Erotik gefehlt.
Minisnippet
…Umso mehr konnte ich das Prickeln auf meiner Haut spüren, als ich die Kontaktlinsen aus dem Spiegelschrank nahm. Endlich mal etwas Neues. …
… Ich würde sie nicht einmal erkennen, wenn sie genau vor mir stehen würde. Ein Prickeln durchfuhr mich und ich dachte mit Vorfreude daran, sie am Mittwoch zu treffen. …
… In Kellys Fall war ich mir sicher, dass sie meine Hilflosigkeit genoss, da sie sich vielleicht selbst schon oft hilflos gefühlt hatte. Die Tatsache, dass sie nun die Kontrolle übernahm und sie auch ein Stück weit übernehmen musste, da ich durch die Kontaktlinsen vollkommen blind und hilflos war, gefiel mir. Das gab ihr das Gefühl von Macht, das sie wahrscheinlich in einer Beziehung noch nie verspürt hatte. Es törnte mich an und ich gönnte ihr den Spaß und mir die neuen Erfahrungen. …
Fazit
Die Idee, die die Autorin aufgreift, was passiert, wenn man erblindet, wie geht man damit um, wie nimmt man die Umgebung wahr, hat mir sehr gut gefallen. Es ist anfangs nur ein Spiel, das man das aus Liebe für immer tun würde, sorry, das war mir zu abgedreht. Da hätte der Gang zum Psychotherapeuten mehr Erfolg, als einen Partner, der so egoistisch dem anderen Gegenüber ist.
So gut die Story angefangen hat, entwickelte sie sich ab Mitte des Buches leider nicht weiter. So wurde sie für mich an einigen Stellen einfach etwas langweilig. Ein immer wieder betonen, warum es der Protagonisten so schlecht geht, warum sie so ein Minderwertigkeitsgefühl hat, war nicht notwendig. Auch wenn ich es nachvollziehen kann, dass man in gewissen Situationen mit sich hadert. Mir hätte es besser gefallen, wenn der Charakter der Kelly besser ausgearbeitet worden wäre. Es werden oft nur vage Andeutungen gemacht, warum sie sich ungeliebt fühlt. Die wenig aufgeführten Erklärungen hätten in meinen Augen etwas dramatischer dargestellt werden können. Dies hätte dem Ganzen mehr Glaubhaftigkeit gegeben.
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